…bevor die Oldtimer in den Winterschlaf gehen.

Im geprüften Ford Granada 2.8 GLS setzte sich der Turbo-Motor dann auch entsprechend eindrucksvoll in Szene…und sorgte für Fahrleistungen, die im Bereich ernstzunehmender Sportwagen lagen.
So war es damals in 1978. Weiterlesen
VON WOLFRAM NICKEL
Er war umstritten wie keine andere Weltpremiere 1973. Dabei wollte der 2002 Turbo ein Wegweiser in die Zukunft sein. Als erstes europäisches Serienauto mit Turboaufladung bot der BMW eine Leistungssteigerung, die heute unverzichtbar ist.
Alles nur Legende und schlechte Nachrede. Kein serienmäßig ausgelieferter BMW 2002 Turbo hat als böser Drängler mit Spiegelschrift auf dem Frontspoiler die Überholspur der Autobahn freigeräumt. Nur nachgerüstet trug der kompakte Münchner Muskelmann die umstrittenen Aufkleber mit dem Schriftzug „2002 turbo“. Noch vor der Premiere auf dem Podium der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) 1973 ließ BMW diese Insignien entfernen, vielleicht auch, weil sie ihren Zweck längst erfüllt hatten.
Das erste europäische Serienfahrzeug mit Abgasturbolader war schon vor dem offiziellen Debüt durch die Medienberichterstattung weltbekannt geworden. Nicht nur von vielen Sportwagenenthusiasten aus Japan, auch aus Ländern wie Angola, Guatemala oder Panama trafen Bestellungen ein. Und dies, nachdem Presse und Politiker leidenschaftlich wie noch nie über den Auftritt eines neuen Automodells gestritten hatten, das gesellschaftlich inakzeptabel wirkte. Immerhin hatte die bundesdeutsche Unfallstatistik im Jahr 1970 mit über 21 000 Verkehrstoten einen Allzeit-Negativ-Rekord verzeichnet, Verkehrssicherheitskampagnen und neue Gesetze schienen gerade erste vorsichtige Erfolge bei der Senkung der Unfallzahlen zu zeigen, die Industrie präsentierte immer neue Sicherheits-Forschungsfahrzeuge – und dann ein Auto in Kriegsbemalung?
Der wilde Auftritt des Spitzenmodells der sonst so zurückhaltenden BMW 02-Serie schaffte es sogar, zum Inhalt einer Anfrage im Bundestag zu werden. Spoiler, Streifen und Kotflügelverbreiterungen – so etwas galt nicht länger als politisch korrekt. Andererseits gelang es BMW so, die bereits über sieben Jahre alte 02-Baureihe zum Publikumsmagneten der Frankfurter Schau zu machen. Dabei debütierte gleichzeitig auch der deutsche Übersportler Porsche 911 als auffälliger Turbo, dies jedoch nur als Prototyp. So konnte der BMW 2002 den Start markieren als erster deutscher Serien-Turbo. Ganz neu war die Turbotechnik damals bereits nicht mehr. Die ersten Serienautos mit Turbolader stammten aus der Heimat des Rock’n’Roll. Während Elvis Presley mit „Blue Hawaii“ und Chubby Checker mit „Let’s twist again“ im Jahr 1962 die Radiocharts stürmten, rockte General Motors mit Turbotechnik in den Modellen Oldsmobile Jetfire und Chevrolet Corvair Monza Spyder die V8-Szene.
Anders als Elvis und Chubby Checker tanzten und rockten die Turbolader aber nur kurze Zeit, denn die neuen Dampfhämmer stellten die vertraute V8-Welt auf den Kopf: Im Drehzahlkeller und in der Mitte kaum Leistung, stattdessen obenrum eine Kraftexplosion, an die sich die Amerikaner nicht gewöhnen mochten. Doch in Europa gelang dem Turbo der Durchbruch, weil es dort bislang kaum hubraum- und drehmomentstarke Kraftwerke gab.
Motorenmagier wie Tuner Michael May entwickelten ab Ende der 1960er-Jahre Turbo-Kits, etwa für Coupés wie den Ford Capri, vor allem aber für Rennsportfahrzeuge. Ab Werk bestellbar waren Abgasturbolader aber erst im BMW 2002, eine Aufrüstung, die die Bayern zeitgeistig bewarben: „Das Beste, was man aus Abgas machen kann, ist Leistung.“ An Abgasen kann es dem kompakten Powercar kaum gemangelt haben, denn die Turbine katapultierte die PS-Ausbeute um 30 Prozent nach oben. Mit 125 kW/170 PS griff der 2002 Turbo nach der Krone des schnellsten deutschen Seriensportlers. Der 1080 Kilogramm leichte Zweitürer sprintete in nur 6,9 Sekunden auf Tempo 100 und distanzierte damit sogar fast alle Porsche 911 Typen.
Die Nachfrage wurde allerdings durch einen entscheidenden Faktor gedämpft: Die Preisliste begann 1974, dem ersten Auslieferungsjahr, erst bei 20 780 Mark. Dafür gab es alternativ bereits Oberklasse-Limousinen wie den BMW 2500, Mercedes-Sechszylinder-Coupés oder Achtzylinder-Sportwagen wie den Triumph Stag. Keine negativen Auswirkungen auf die Bestelleingänge für den BMW 2002 dürfte dagegen der Spritkonsum gehabt haben. Der Normverbrauch von 9,7 Liter auf 100 Kilometer war bescheiden. Noch Mitte der 1970er-Jahre waren Testwerte von 17 bis 22 Liter für Tempobolzer eher die Regel. Spätere Spartechniken wie die auch beim BMW 2002 Turbo serienmäßige Benzineinspritzung dienten zunächst vor allem der Leistungssteigerung.
Das Aus für den ersten bayerischen Turbobläser kam deshalb nicht überraschend. 1975 feierte die erste BMW 3er-Reihe ihre Markteinführung und schickte die bereits zu Lebzeiten legendäre 02-Serie in den Ruhestand. Doch der Orkan, den der erste europäische Serienturbo entfachte, sobald die Drehzahlmessernadel die 4000er-Marke passierte, bleibt unvergessen – und wird heute von Fans mit Preisen teils jenseits der 45 000 Euro bezahlt. Sofern überhaupt ein 2002 Turbo zum Verkauf steht.
Die Webseite wird in den nächsten Monaten weiter überarbeitet. Eine ganze Menge an alten Berichten, Prospekten, Bilder liegt zur Veröffentlichung bereit.
So, einer weniger. Der Granada ist nun in Köln unterwegs.